Nutzen der Exportverpackung wird häufig unterschätzt
Bei Exportverpackung und Versand kann viel schiefgehen. Wo im Alltag die Fallstricke liegen und worauf Unternehmen bei interkontinentalen Versendungen achten sollten.
Werden Maschinen und Anlagen konstruiert, bleibt vielfach unberücksichtigt, dass die Produkte auf ihren Transportwegen unter schwersten Bedingungen auch Ozeane überqueren müssen. Die dabei auftretenden Transportbelastungen werden in der Regel unterschätzt, denn selbst bei modernsten Schiffen und Geräten muss man mit extremen Belastungen rechnen. Konstrukteure haben es von Anfang an in der Hand, ihre Produkte so zu gestalten, dass sich diese ohne unnötiges Risiko und zu großen Aufwand gut verpacken und sicher transportieren lassen. Einfache Vorrichtungen wie Flansche, Anschrauböffnungen oder Ösen vorzusehen, ist in puncto Bettung und Arretierung der Güter immer hilfreich.
Leider sind viele Konstrukteure für diese Themen unzugänglich, wodurch Verpackungsprobleme bereits am Reißbrett vorprogrammiert werden. Beweise liefert die tägliche Praxis: Versandabteilungen und Dienstleister erhalten häufig sehr schlechte oder gar keine Daten über das Packgut. Abweichungen bei Gewichtsangaben von 50 Prozent sind sogar bei Schwergut keine Seltenheit und verlässliche Schwerpunktkoordinaten fehlen – eigentlich unverständlich in Zeiten von CAD-Systemen.
Ein weiteres Problem: Terminverzug macht eine solide Vorbereitung für die Verpackung häufig hinfällig. „Die Maschine muss heute noch raus.“ Also muss die Ware schnell konserviert, verpackt und sofort verladen werden, der Lkw wartet schon. Aber der Lack ist noch nicht richtig trocken, Lösungsmittel gasen noch aus, was es unmöglich macht, Sperrschichten fachgerecht einzubauen. In solchen Situationen fehlt es dann schon an der Zeit, den schützenden Wirkstoffen die Anlaufzeit zu geben. Die in Kauf genommene Gefahr eines Korrosionsschadens lauert somit bereits am Werkstor.
Und wenn es ganz flott gehen muss, wird per Luftfracht versendet: „Das geht schnell, da müssen wir nicht viel machen.“ Ein Irrtum, denn gerade dabei treten die schwersten Korrosionsschäden auf. Bei Lufttransporten können sich solche Schäden schließlich trotz funktionierendem Schutzsystem ereignen.
Werden beispielsweise die Packstücke sofort nach Ankunft geöffnet, anstatt den Inhalten die nötige Zeit für den Ausgleich der Kerntemperaturen zu geben, kann sich schlagartig Kondensation bilden. Die Folge ist Korrosion. Diesen Effekt kennen wir von kalten Flaschen aus dem Kühlschrank. Sie beschlagen sofort und sind dann trotz wiederholtem Abwischen für längere Zeit tropfnass.
Regen in der Box
Container werden zudem gerne als Verpackung missverstanden. Es ist immer wieder zu beobachten, dass die Waren ohne Schutz- und Sicherungsmaßnahmen einfach in die Boxen gestellt werden. Unter klimatischen Aspekten kann schon ein ungünstiger Containerstellplatz oder sogar die Farbe der Box Ursache eines Schadenssein. Dunkle Stahlkisten erwärmen sich bei Sonneneinstrahlung stärker und schneller als helle.
Eingedrungene Feuchtigkeit kann bei Abkühlung nicht schnell genug entweichen und kondensiert. Es regnet in der Box – über Wochen hinweg, im Tageswechsel mehrere Male. Wenn die Türen geöffnet werden, laufen dann Mengen an Wasser aus dem Container oder aus undichten Sperrschichten heraus. Hygroskopische (Feuchtigkeit bindende) Packstoffe oder feucht eingebrachte Verpackungen verstärken den Effekt. Und Aerosole dringen nach einem einfachen Prinzip ein: viel Wind, viel Salz in der Luft.
Auch werden Packstücke innerhalb von Containern oft schlecht oder gar nicht gesichert. Es ist ein Irrglaube, dass sich schwere Stücke nicht bewegen und deshalb nicht gesichert werden müssten. Eine transportgerechte Ladungssicherung in Richtung aller Achsen ist unverzichtbar und eindeutig gesetzlich vorgeschrieben. Beim Containerstau darf auch nicht außer Acht gelassen werden, wie man am Bestimmungsort die schweren Stücke wieder aus dem Container holen kann. Häufig stehen keine speziellen Geräte, Hilfsmittel oder geeignetes Personal zur Verfügung. War es erst nicht leicht, die Packstücke in die Boxen zu bekommen, wird das Herausholen umso schwerer. Ein Fachbetrieb, der Exportgüter in Container staut, muss leicht handhabbare Hilfsmittel vorsehen oder mitgeben, damit die Stücke schadlos wieder herauszubekommen sind.
Ein weiteres Problem: Nicht alles, was gut verpackt scheinen mag, ist auch gut und sicher. Die eigentliche Ladungssicherung bezieht sich auf die Außenverpackung. Der inneren Arretierung und Bettung muss ungesehen vertraut werden können. Gefahr ist in Verzug, wenn ein Packstück zwar vorschriftsmäßig gesichert ist, aber bei einer Vollbremsung die Maschine aus der Verpackung und auf die Straße fällt oder sie bei schwerer See über die Kante geht.
Auch werden Packstücke üblicherweise mit Handhabungshinweisen versehen; in der Hoffnung, dass diese Beachtung finden, werden Stapler-Verbotszeichen, „Regenschirm“, „Vorsicht Glas“, „Handle With Care“ und Weiteres aufgebracht. Einen Regenschirm zu markieren und zu glauben, dass eine Kiste vom Umschlagpersonal oder von Handlungsgehilfen vor Nässe geschützt wird, zeugt von Naivität. Vielleicht ist es aber auch ein Zeichen dafür, dass man nicht in der Lage ist, die Ware angemessen zu verpacken.
In modernen Seehäfen wird im Akkord gearbeitet: Tausende Kolli und Container werden jeden Tag rund um die Uhr umgeschlagen, an 365 Tagen im Jahr. Vorgabezeiten von unter fünf Minuten beim Stauen von 40-Fuß-Containern sichern den hohen Durchsatz. Niemand hat dabei eine Chance, Symbole zu beachten und danach zu handeln, selbst wenn er es wollte. Außerdem sind auf allen Verpackungen sehr viele Symbole vorhanden und dadurch quasi unsichtbar.
Nutzen der Exportverpackung wird unterschätzt
Es ist und bleibt die grundsätzliche Aufgabe der Verpackung, das Gut vor den zu erwartenden Umwelt- und Transporteinflüssen zu schützen.
Die Praxis zeigt, dass der Exportverpackung nicht immer der erforderliche Stellenwert eingeräumt wird, Notwendigkeit und Nutzen werden unterschätzt. Und: In der Interdisziplinarität von Konstruktion, Produktionsplanung, Verpackung und Ladungssicherung steckt sehr viel Einsparungspotenzial.
Ein Fall aus der Praxis
Es werden auch Güter hergestellt, die sich nicht sicher verpacken lassen. Und es werden Exportverpackungen gebaut, die nicht sicherbar sind. Das zeigt dieser Fall aus der Praxis.
Der Auftrag: 70 Tonnen schwere Aggregate für Seetransporte nach Südamerika und Indien zu verpacken. Die Abmessungen: 6,5 x 3,5 x 4,5 Meter. Sehr problematisch war die Schwerpunktlage seitlich und in der Höhe jeweils im äußeren Drittel. Die Geräte standen auf stabilen Transportgestellen aus Stahl. Der erste Fehler war seitens der Konstruktion, die Gestelle einseitig nur über zwei Drittel der Breite zu bauen.
Fehler Nummer zwei machte der Verpackungsbetrieb, da man sehr viel starkes Holz in die Bodenkonstruktion verbaute. Unnötig, weil die Geräte keinerlei Biegekräfte verursachten. Gegen die zu erwartenden Kippmomente der zu schmalen Gestelle wurde versucht, mit Holzkonstruktionen die Kräfte abzufangen, wodurch die bereits zu hohe Unterkonstruktion und damit der kritische Schwerpunkt noch höher wurden. In Krantraversen können schwer erkennbare Metaschwerpunkte entstehen, die scheinbar stabile Systeme gefährlich labil machen.
Beim Löschbetrieb des Frachters in Brasilien ist es dann passiert: Einer der 70-Tonnen-Kolli kippte in einer Traverse ganz auf die Seite, was zum Bruch der Stützkonstruktionen und zum Totalversagen der Verpackung führte. Und fast zeitgleich fielen bei der Nachreise in Indien in einer engen Kurve gleich zwei dieser Geräte von den Tiefladern. Eine Kausalkette, die ihren Anfang in der Konstruktionsabteilung nahm.
Richtig wäre gewesen, die Transportgestelle über die ganze Breite auszulegen und anstatt einer konventionellen Kistenkonstruktion eine mitgenommene Verpackung zu wählen. Bei einer mitgenommenen Verpackung wird die Verpackung am Packgut befestigt und die Stabilität des Packgutes genutzt.