Das Märchen von der dichten Kiste -Teil 5- Kapillarwirkung die Zweite

Deckeldichtung Nagellöcher und Fugen

Eigentlich war ich der Meinung, dass dieses Thema in den vorangestellten gleichnamigen Teilen 1-4 abgehandelt wäre. Ein schwerer Verpackungsschaden durch Korrosion veranlasste mich jedoch, noch einmal näher hinzuschauen. Besonders beim Öffnen von bewitterten Kisten.

Eine Kiste war besonders auffällig. Unter dem einteiligen Sperrholzdeckel mit der Abmessung von 140 x 120 cm wurde nach dem Öffnen und Anheben extremes Gewicht desselben deutlich.  Zwischen Deckelbelag und dem Barrierematerial aus einer Kunststoffstegplatte hat sich im Zeitraum von einem Jahr ein gut gefülltes Wasserdepot gebildet.

Aus Deckeldichtung tritt Wasser aus - Gefahr von Verpackungsschaden

Wasser unter der Deckeldichtung

Das Aufschneiden der Deckeldichtung brachte eine extreme Wassermenge zum Vorschein.  Jetzt stellt sich die Frage:

Wie konnte dieses Wasser zwischen Deckelbelag und Barriere eindringen?

Der einteilige Deckelbelag aus Sperrholz wies keinerlei Beschädigungen oder Löcher auf.  Ausgenommen die nicht wenigen Löcher der Nägel, mit denen die innenliegenden Deckelleisten vernagelt wurden.

Bleibt also nur die Möglichkeit, dass das Wasser aufgrund seiner Kapillarität durch die Nagellöcher eindringen konnte. Diesen Ansatz und die Eigenschaften von Wasser habe ich in – Teil 2 – Kapillarwirkung ausführlich dargestellt. Darin habe ich allerdings allerdings auf den Wassereintritt an den Fugen der Verbindungsstellen zwischen Deckel und Seitenteilen konzentriert. Den Weg durch Nagellöcher habe ich zum damaligen Zeitpunkt nur vermutet.

Heute weiß ich, dass Wasser auch durch Nagellöcher eindringt. Diesem Problem wird im Holzbau bei Dachstühlen durch entsprechende Abdichtungsmaßnahmen, besonders bei Dampfsperren, begegnet. Dieses Problem und die Auswirkungen sind in unserem Geschäftsfeld gleichgelagert.

Schematisch dargestellter Wassereintritt durch Kapillarität in eine Kiste

Schema des Wassereintritts in eine Kiste

Die Grafik verdeutlicht, dass auf den Deckel gelangtes Wasser durch die Nagellöcher in die Struktur des Deckels gelangen kann. Die Kapillarwirkung des Wassers sorgt in Verbindung mit den Kapillaren des Holzes von selbst für das Eindringen.

Dass das so ist, kann entweder an durchnässten Leisten oder im ausgetrockneten Zustand an Verlaufsspuren erkannt werden.

Wasser kann sich aber auch durch die Nagellöcher zwischen den Deckelbelag und das daran flächig anliegende Barrierematerial ziehen und in den flächigen Sektionen ansammeln. Das ist letztlich die Erklärung dafür, dass sich die enorme Wassermenge im Deckel der oben erwähnten Kiste ansammeln konnte.

Das Dichtungssystem des Deckels der in Rede stehenden Kiste hat seine Aufgabe erfüllt: Das angesammelte Wasser ist nicht durch den Deckel in den Kisteninnenraum gelangt.

Aber eine der Hauptschadensquellen ist eben der Tatsache geschuldet, dass gerade bei größeren Deckeln, besonders mit gestückelten Barrieren, überhaupt kein Schutz gegen Wassereinbruch bestehen kann.

Mit Wasser geflutete Folienbarriere

Sperrschicht mit Wasser geflutet

Die Bilder zeigen große Wassersackbildungen. An den Verfärbungen ist zu erkennen, dass sich sogar regelrechte Biotope und Eis bilden konnten.

Die Abbildung links zeigt das Resultat eines gerissenen Wassersacks, durch den große Mengen Wasser in die Sperrschicht eintreten und schweren Schaden verursachte.

Wie in vorhergehenden Beiträgen bereits dargestellt, gelangt Wasser auch an den Fugen zwischen Deckel und Seitenteilen in den Kisteninnenraum. Neu ist die Erkenntnis, dass in diesem Bereich Wasser auch zwischen Deckelbelag und Barriere eindringen kann, was zur Erklärung der zu Anfang gestellten Frage beiträgt.

Schematisch dargestellter Wassereintritt durch Kapillarität in eine Kiste

Kapillarwirkung zieht Wasser durch Fugen und Nagellöcher in Kiste

Ich vertrete die beweisbare Meinung, dass es nicht möglich ist, eine Kiste gegen Eindringen von Wasser und Feuchtigkeit abzudichten. Die dichte Kiste ist im Bereich der Märchenwelt anzusiedeln. Das macht aber auch nichts. Denn eine Kiste, wörtlich genommen als Außenverpackung, hat die Aufgabe, dem Packgut eine kubische Form zu geben, es transport-/lagerfähig und auf Transportmitteln sicherbar zu machen. Und gegen alle mechanischen Transportbelastungen zu schützen.

Aussen- und Innenverpackung

Der Schutz vor Wasser und Feuchtigkeit ist Aufgabe der Innenverpackung und des temporären Korrosionsschutzes. Ist die Innenverpackung zuverlässig eingebaut und so gestaltet, dass Wasser, wie auch immer es eingedrungen sein mag, nicht auf der Sperrschicht stehen bleiben kann, kann im Prinzip nichts passieren. Nebenbei bemerkt muss die Außenverpackung aber auch so ausgelegt werden, dass eingedrungenes Wasser auch leicht die Verpackung wieder verlassen kann, siehe dazu auch den Beitrag „Muss eine Kiste dicht sein?“.

Die genaue Betrachtung des am Anfang gezeigten Bildes lässt erkennen, dass die schwarze Kunststoffbarriere flächig mit Kondenswasser benetzt ist. Außerdem ist die untere Deckelleiste durchnässt und im rechten Bildbereich ist ausgeprägte Schimmelbildung vorhanden. Dieser Zustand bestätigt meine Ausführungen im Beitrag „Teil -3- Kondensation und Konvektion„.

Möglicher verdeckter Schädlingsbefall

Insekten, Larven und Nematoden unter einem Kistendeckel

Insekten, Larven und Nematoden unter Deckelplatte

Der Blick auf die freigelegte Unterseite des Deckelbelags bringt einen ernstzunehmenden Umstand zutage. Nicht genug, dass sich innerhalb des Deckels Wasser ansammeln konnte, bietet dieser Ort auch einen idealen Nährboden für Insektenlarven und Nematoden.

Auch hier stellt sich die Frage, wie diese es unter den Deckel geschafft haben. Dass der Befall bereits mit eingebaut wurde, ist aus mehreren Gründen auszuschließen. Zum einen durch die Larvenzeit zu erklären, zum anderen durch die Herstellung von Sperrholz, die mit viel Hitze verbunden ist.

Die Antwort kann nur sein, dass der Weg, so wie das Wasser, durch engste Fugen zwischen Deckelsperrholz und Kunststoffplatte ins Innere führte.

Diese Situation ist grotesk. Werden doch heute Hölzer nahezu aller Exportpackstücke gegen ebendiese Schädlinge gemäß ISPM-15 der IPPC-Vorschriften entsprechend hitzebehandelt und gestempelt, zumindest in der Theorie. Faktisch wird den Schädlingen unter den Deckeldichtungen eine komfortable Brutstätte nebst Mitfahrgelegenheit angeboten.

Ernst zu nehmen ist dieser Sachverhalt deshalb, da in strengen Importländern bei festgestelltem Befall sehr kostspielige Verzögerungen verursacht werden können oder Pflanzenschutzmaßnahmen mit Pönale verhängt wird.

Fazit

Grundsätzlich ist es kein Fehler, eine flächige Deckeldichtung mit Steg- oder Hartfaserplatten einzubauen. Jedoch halte ich das für ungeeignet. Besonders bei Bretterkisten, die ungleich mehr als Sperrholzkisten mit Nägeln durchlöchert werden. Es gibt bessere, einfachere und günstigere Dichtungsmethoden. Der Glaube, dass mit Plattenmaterial verlässlicher Schutz gegen Eintritt von Wasser herstellbar ist, führt über kurz oder lang zum Verpackungsschaden.

Übrigens ist der durch einschlägige Richtlinien angewiesene Einbau von flächigen Deckelbarrieren eine Errungenschaft der Neuzeit und erst seit ca. 1999 Bestandteil dieser. Vorher hat es ohne auch funktioniert. Allerdings: Hauptaugenmerk liegt in jedem Fall auf Vorkehrungen gegen Wassersäcke. Die Lösung liegt in der Sorgfalt beim Einbau der Sperrschichten des temporären Korrosionsschutzes. Die Folien müssen auf der Oberseite so eingebaut werden, dass kein Wasser stehen bleiben und sich nicht ansammeln kann.

Kisten per se sind kein Schutz gegen klimatische Transportbeanspruchungen, das ist die Aufgabe der Innenverpackung. Eingedrungenes Wasser ist nur dann schlimm, wenn es nicht mehr ungehindert austreten kann, und ganz schlimm, wenn es sich auf der Sperrschicht sammeln kann.

Deshalb genauso wichtig: Belüftung. Wird nicht mit geeigneten Mitteln und Methoden ausreichend belüftet, wird ein biotischer Schaden durch Schimmel und Sporenkontamination sowie Ungeziefer  vorprogrammiert. Deckeldichtungen machen dabei die Sache eher noch schlimmer, da sie zur Verhinderung von Belüftungen beitragen.

 

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